Kri­tik an Ent­wurf zur Reform des Urhe­ber­rechts

„Die Rechts­po­si­ti­on der Krea­tiv­wirt­schaft wird gegen­über glo­ba­len Platt­for­men wei­ter geschwächt und eta­blier­ten Wert­schöp­fungs­mo­del­len die Grund­la­ge ent­zo­gen.“

Pres­se­mit­tei­lung
Ber­lin, 14.10.2020

Eine brei­te Alli­anz von Ver­bän­den und Insti­tu­tio­nen von Rech­te­inha­bern ver­schie­de­ner Bran­chen kri­ti­sie­ren den Refe­ren­ten­ent­wurf zur Umset­zung der DSM-Richt­li­nie des Bun­des­mi­nis­te­ri­ums der Jus­tiz und für Ver­brau­cher­schutz (BMJV) scharf. Mit dem am 13. Okto­ber 2020 ver­öf­fent­lich­ten Ent­wurf wird ein Rechts­rah­men geschaf­fen, der die Inten­ti­on der DSM-Richt­li­nie teil­wei­se kon­ter­ka­riert, die euro­päi­schen Vor­ga­ben über­schie­ßend umsetzt und eta­blier­te Rechts­po­si­tio­nen der Krea­tiv­bran­che und Rech­te­inha­ber – unab­hän­gig von der indi­vi­du­el­len Inter­es­sen­la­ge – nicht berück­sich­tigt.

In die­sem Jahr wur­den gro­ße Tei­le der Krea­tiv­wirt­schaft ungleich hart durch die Coro­na-Kri­se getrof­fen; auch in den nächs­ten Mona­ten und Jah­ren wer­den die Aus­wir­kun­gen für vie­le Ver­wer­ter und Rech­te­inha­ber deut­lich spür­bar sein. Umso wich­ti­ger ist es für die deut­sche Krea­tiv­bran­che daher, dass der Gesetz­ge­ber recht­li­che Rah­men­be­din­gun­gen für eine nach­hal­ti­ge Wert­schöp­fungs­ket­te – auch auf gro­ßen Platt­for­men – sicher­stellt und damit das digi­ta­le Lizenz­ge­schäft stärkt.

Durch den Refe­ren­ten­ent­wurf wer­den dage­gen markt­mäch­ti­ge glo­bal agie­ren­de Platt­for­men wei­ter­hin auf dem Rücken der Rech­te­inha­ber gestärkt und Ent­wick­lungs­po­ten­tia­le der Krea­tiv­wirt­schaft am Stand­ort Deutsch­land auf lan­ge Sicht erheb­lich geschwächt. Die vom BMJV geplan­ten Rege­lun­gen sind in ihrer Aus­ge­stal­tung von Ansprü­chen und Lizenz­ver­hält­nis­sen pra­xis­fern, unter­gra­ben regu­lä­re eta­blier­te und zukünf­ti­ge Lizenz­märk­te, öff­nen Miss­brauch Tür und Tor und ent­zie­hen akzep­tier­ten Bran­chen­lö­sun­gen bei­spiels­wei­se im Urhe­ber­ver­trags­recht die Grund­la­ge.

Auch die künf­tig erlaub­te Nut­zung urhe­ber­recht­lich geschütz­ter Wer­ke im Umfang von bis zu 20 Sekun­den je eines Films, eines Lauf­bil­d­es oder einer Ton­spur, bis zu 1.000 Zei­chen je eines Tex­tes oder bis zu 250 Kilo­byte für Fotos und Gra­fi­ken ist euro­pa­rechts­wid­rig. Der Gesetz­ge­ber ver­kennt hier über­dies Markt­rea­li­tä­ten und aktu­el­le Ent­wick­lun­gen, ange­sichts derer die Bedeu­tung kur­zer Aus­schnit­te urhe­ber­recht­lich geschütz­ter Wer­ke nicht über­schätzt wer­den kann. Vor dem Hin­ter­grund eines sich zuneh­mend ver­än­dern­den Medi­en­kon­sums mit immer kür­ze­ren Auf­merk­sam­keits­span­nen las­sen sich in einem 20-sekün­di­gen Video-Clip zum Bei­spiel sämt­li­che spiel­prä­gen­den Sze­nen einer Fuß­ball­par­tie, Schlüs­sel­mo­men­te von TV-Shows sowie von beson­ders illus­tra­ti­ven Nach­rich­ten-Mel­dun­gen zusam­men­fas­sen. 20 Sekun­den eines aktu­el­len Pop­songs kön­nen einen wesent­li­chen Teil des Songs abbil­den, 20 Sekun­den eines Films die Poin­te eines Films vor­weg­neh­men oder eine müh­sam auf­ge­bau­te Span­nung zer­stö­ren. Und die freie Nut­zung von 1.000 Zei­chen einer Text­vor­la­ge wür­de in der Pra­xis das Leis­tungs­schutz­recht der Pres­se­ver­le­ger ent­wer­ten. Bei Foto­gra­fien und Gra­fi­ken geht es sogar um die Nut­zung der kom­plet­ten Wer­ke und die Grö­ßen­be­gren­zung von 250 Kilo­byte deckt prak­tisch alle Stan­dard­an­wen­dun­gen erlaub­nis­frei im Netz ab. Wirt­schaft­lich pro­fi­tie­ren davon nicht zuletzt die Platt­for­men, die im Sog mas­sen­at­trak­ti­ver Kurz-Clips und Licht­bil­der lukra­ti­ve Geschäfts­mo­del­le ent­wi­ckelt haben. Gera­de im Bereich sozia­ler Medi­en bedür­fen kur­ze Aus­schnit­te urhe­ber­recht­lich geschütz­ter Wer­ke und Foto­gra­fien daher des beson­de­ren Schut­zes.

Zu den Unter­zeich­nern aus dem Kreis der Kul­tur- und Krea­tiv­wirt­schaft zäh­len hier:

  • der BVMI – Bun­des­ver­band Musik­in­dus­trie e.V.,
  • der BVPA – Bun­des­ver­band pro­fes­sio­nel­ler Bild­an­bie­ter e. V.,
  • die DFL – Deut­sche Fuß­ball Liga GmbH,
  • die GVL – Gesell­schaft zur Ver­wer­tung von Leis­tungs­schutz­rech­ten,
  • die MPA – Moti­on Pic­tu­re Asso­cia­ti­on,
  • die Alli­anz Deut­scher Pro­du­zen­ten e. V.,
  • die SPIO – Spit­zen­or­ga­ni­sa­ti­on der Film­wirt­schaft e. V.,
  • der VAUNET – Ver­band Pri­va­ter Medi­en e. V. ,
  • die VG Media – Gesell­schaft zur Ver­wer­tung der Urhe­ber- und Leis­tungs­schutz­rech­te von Sen­de­un­ter­neh­men und Pres­se­ver­le­gern und
  • der VUT – Ver­band unab­hän­gi­ger Musikunternehmer*innen e. V.
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