Nach ver­säum­ter Noti­fi­zie­rung — Deut­scher Gesetz­ge­ber ist gefor­dert

Deut­scher Gesetz­ge­ber ist jetzt gefor­dert, euro­päi­sches Pres­se­leis­tungs­schutz­recht umge­hend umzu­set­zen

Pres­se­mit­tei­lung
Ber­lin, 12.09.2019

Der Euro­päi­sche Gerichts­hof (EuGH) hat heu­te fest­ge­stellt, dass die Bun­des­re­gie­rung im Jahr 2013 das im deut­schen Urhe­ber­recht gere­gel­te Leis­tungs­schutz­recht der Pres­se­ver­le­ger (Pres­se-LSR) nach der soge­nann­ten Noti­fi­zie­rungs­richt­li­nie bei der EU Kom­mis­si­on hät­te noti­fi­zie­ren, das heißt förm­lich anzei­gen, müs­sen (EuGH Rs. C‑299/17). Das Land­ge­richt Ber­lin hat­te in dem von der VG Media gegen die Goog­le LLC geführ­ten urhe­ber­recht­li­chen Kla­ge­ver­fah­ren die Ansprü­che der VG Media „zumin­dest teil­wei­se“ für begrün­det gehal­ten, aber auf Ein­wand Goo­gles hin die Fra­ge der uni­ons­recht­li­chen Pflicht der Bun­des­re­gie­rung zur Noti­fi­zie­rung des Pres­se­leis­tungs­schutz­rechts gegen­über der EUKom­mis­si­on dem EuGH vor­ge­legt.

Die Ent­schei­dung des EuGH steht im Gegen­satz zur Ein­schät­zung der „betrof­fe­nen“ EU Kom­mis­si­on, wei­te­rer Mit­glieds­staa­ten sowie der Bun­des­re­gie­rung, die eine Noti­fi­zie­rung durch­ge­hend nicht für gebo­ten hal­ten.

Mar­kus Run­de, Geschäfts­füh­rer der VG Media:
Der EuGH äußert sich nur zur Ver­gan­gen­heit. Er erklärt nichts zu der Fra­ge, wie sich der Erlass
der Urhe­ber­rechts­richt­li­nie ab dem 17. April 2019 für die vor­ge­leg­ten Fra­gen kon­kret aus­wirkt.
Damit berück­sich­tigt die Ent­schei­dung nur den Zeit­raum zwi­schen 2013 und 17. April 2019.
Aus­wir­kun­gen auf die lau­fen­den Ver­fah­ren sind zu prü­fen.”

Auch stellt die Ent­schei­dung nicht ab auf das soeben erlas­se­ne mate­ri­el­le Recht, um des­sen Durch­set­zung es dem deut­schen und euro­päi­schen Gesetz­ge­ber gera­de jetzt geht. Die Ent­schei­dung ist sehr for­mal und ver­fah­rens­ori­en­tiert. Der Sach­ver­halt hat sich in den zwei Jah­ren des EuGH-Ver­fah­rens dyna­misch ent­wi­ckelt. Wäh­rend der Anhän­gig­keit die­ses EuGH Ver­fah­rens hat die Euro­päi­sche Uni­on nach gründ­li­chen Dis­kus­sio­nen ihrer­seits ein EU-wei­tes Recht der Pres­se­ver­le­ger beschloss­en. Die­ses euro­päi­sche Pres­se­ver­le­ger­recht ist zuguns­ten der Ver­le­ger weit­ge­hen­der und robus­ter aus­ge­stal­tet. Es ver­schärft das deut­sche Pres­se-LSR inhalt­lich. Wegen die­ser für die gesam­te Euro­päi­sche Uni­on gel­ten­den Rechts­la­ge kommt es de fac­to auf die Fra­ge, ob die deut­sche Bun­des­re­gie­rung 2013 eine Ände­rung des deut­schen Urhe­ber­rechts­ge­set­zes hät­te förm­lich anzei­gen müs­sen, nicht mehr bzw. nur noch für die Ver­gan­gen­heit an.

Die Pres­se­ver­le­ger bit­ten den deut­schen Gesetz­ge­ber daher, jetzt umge­hend für Rechts­si­cher­heit zu sor­gen. Nur so bleibt freie und finan­zier­ba­re Pres­se, kon­sti­tu­tiv für Mei­nungs­bil­dung in einer Demo­kra­tie, erhal­ten. Unter­neh­men, die wie Goog­le oder Face­book die Pres­se­inhal­te der Ver­le­ger nut­zen, müs­sen dafür eine ange­mes­se­ne, im deut­schen wie jetzt auch im euro­päi­schen Recht begrün­de­te, Ver­gü­tung zah­len, die sich an den tat­säch­li­chen Umsät­zen der Rech­te ver­wer­ten­den Digi­tal­un­ter­neh­men ori­en­tiert. Soll­ten die Digi­tal­un­ter­neh­men sogar das euro­päi­sche Pres­se­ver­le­ger­recht igno­rie­ren und die Zah­lung ange­mes­se­ner Ver­gü­tun­gen
an die Pres­se­ver­le­ger wie­der­um ableh­nen, wird die VG Media die Rech­te der Pres­se­ver­le­ger erneut gericht­lich durch­set­zen.“

Zum Hin­ter­grund:
Das deut­sche Pres­se-LSR ist mit Wir­kung zum 1. August 2013 vom Bun­des­tag beschloss­en wor­den. Betrei­ber von Such­ma­schi­nen und soge­nann­te Aggre­ga­to­ren von Pres­se­er­zeug­nis­sen sind danach ver­pflich­tet, für die Nut­zung von Pres­se­er­zeug­nis­sen eine ange­mes­se­ne Ver­gü­tung an die Pres­se­ver­le­ger zu zah­len. Gegen­stand des Ver­fah­rens vor dem Land­ge­richt Ber­lin ist die Durch­set­zung die­ses Pres­se-LSR gegen die Goog­le LLC in Moun­tain­view, USA. Bereits die Schieds­stel­le beim Deut­schen Patent- und Mar­ken­amt hat­te ent­schie­den, dass das Pres­se-LSR anwend­bar ist und Goog­le zu zah­len hat. Die Fort­füh­rung der gericht­li­chen Durch­set­zung beim Land­ge­richt Ber­lin war not­wen­dig gewor­den, da Goog­le die Anwend­bar­keit des vom Deut­schen Bun­des­tag erlas­se­nen Geset­zes und die sich aus dem Gesetz erge­ben­den Zah­lungs­ver­pflich­tun­gen „grund­sätz­lich ablehnt“. Die­se Auf­fas­sung ver­tritt Goog­le bis heu­te öffent­lich.

Zusätz­li­che Ver­fah­ren gegen Goog­le wegen des Miss­brauchs der Markt­macht, u. a. gegen­über VG Media Pres­se­ver­le­gern, wer­den wei­ter­hin geson­dert, vor allem von der Gene­ral­di­rek­ti­on Wett­be­werb der EU-Kom­mis­si­on, geführt. Wie sehr der deut­sche Gesetz­ge­ber im Jah­re 2013 mit dem deut­schen Pres­se-LSR vor­an­ge­gan­gen ist, bestä­tigt der Erlass der EU-Urhe­ber­rechts­richt­li­nie vom 17. April 2019, die ein wei­ter­ge­hen­des Pres­se-LSR zu Guns­ten der Ver­le­ger ent­hält. Das euro­päi­sche Pres­se-LSR ist inner­halb der nächs­ten 21 Mona­te von allen EU-Mit­glieds­staa­ten in natio­na­les Recht zu trans­for­mie­ren.

Die VG Media ist ein Unter­neh­men der pri­va­ten Sen­de­un­ter­neh­men und Pres­se­ver­le­ger mit Sitz in Ber­lin. Sie ist als soge­nann­te Ver­wer­tungs­ge­sell­schaft orga­ni­siert und ver­tritt die Urhe­ber- und Leis­tungs­schutz­rech­te nahe­zu aller deut­schen und meh­re­rer inter­na­tio­na­ler pri­va­ter Radio- und Fern­seh­sen­der sowie rund 200 digi­ta­le ver­le­ge­ri­sche Ange­bo­te.

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