Teilnahme an „Google News Showcase“ darf kollektive Rechtewahrnehmung nicht behindern
Erste Bewertung des Bundeskartellamts zu Google News Showcase veröffentlicht. Angemessene Vergütung setzt Schiedsstelle beim DPMA fest. Bundeskartellamt prüft Teilnahme an diesem Verfahren. Bundeskartellamt stellt fest, dass „Google News Showcase“ nicht mit der Google-Suche verknüpft werden darf – entgegen der ursprünglichen Absicht Googles. Weiterhin wird die Lizenzierungspflichtigkeit des „Showcase“ betont. Teilnahme von Presseverlegern am „Showcase“ muss unabhängig von der kollektiven Rechtewahrnehmung möglich sein.
Das Bundeskartellamt hat seine erste Bewertung der Oberfläche „Google News Showcase“ mitgeteilt. Nach Angaben des Amtes muss Google in entscheidenden Punkten nachgeben. So hat Google mehrere Klauseln in Verträgen abzuändern, die Verlagen eine Teilnahme an Showcase und die gleichzeitige kollektive Durchsetzung des Presseleistungsschutzrechts unmöglich gemacht hätten. Zudem muss Google nachweisen, dass eine Einbettung von Google News Showcase in die Google-Suche nicht mehr verfolgt wird. Die Umsetzung dieser Maßnahmen wird das Bundeskartellamt in einem Folgeverfahren überwachen.
Das Bundeskartellamt hat die Frage einer angemessenen Vergütung des Presseleistungsschutzrechts nicht geprüft und verweist auf die Schiedsstelle beim Deutschen Patent- und Markenamtes (DPMA) als vorrangig zuständigem Spruchkörper in allen urheberrechtlichen Fragen. Das BKartA kündigt an, sich gegebenenfalls selbst an dem Verfahren vor der Schiedsstelle zu beteiligen. Dadurch wird deutlich, dass das Amt die marktbeherrschende Stellung Googles als wichtigen Faktor, der die zu ermittelnde Vergütungshöhe zulasten der Presseverleger beeinflusst, weiterhin im Auge behält.
Außerdem stellte das Bundeskartellamt klar, dass „Google News Showcase“ auf Grundlage des Presseleistungsschutzrechts lizenzierungspflichtig ist und die Teilnahme von Presseverlegern am „Showcase“ die kollektive Durchsetzung des Presseleistungsschutzrechts nicht behindern dürfe. Dazu der Präsident des Bundeskartellamts Andreas Mundt: „Google hat seine Vertragspraxis so geändert, dass den Verlagen eine Geltendmachung ihres allgemeinen Presseleistungsschutzrechts nicht erschwert wird.“
Über die wesentlichen Rahmenbedingungen einschließlich der Funktionsweise sowie der tatsächlichen Teilnahmeanforderungen des „Showcase“ muss Google laut Bundeskartellamt noch deutlicher informieren, um einen diskriminierungsfreien Zugang zu gewährleisten.
Dazu Corint Media-Geschäftsführer Markus Runde und Christoph Schwennicke: „‚Google News Showcase‘ war und ist ein Versuch Googles, die gesetzlichen Rechte von Presseverlegern zu umgehen. Nach der ersten Bewertung des Bundeskartellamts wird dies nun schwerer, auch wenn die Entscheidung des Kartellamts weder die neue Verknüpfung mit insbesondere „Discover“ berücksichtigt noch von den Möglichkeiten des neuen Wettbewerbsrechts nach § 19a GWB Gebrauch macht. Wir werden sehen müssen, ob sich Google an die Anordnungen hält und bereit ist, sich tatsächlich rechtstreu zu verhalten, oder das Presseleistungsschutzrecht weiterhin auszuhöhlen versucht.“
Die französische Kartellbehörde ging auf Grundlage des unionsweit geltenden Presseleistungsschutzrechts im vergangenen Jahr deutlich entschiedener als das deutsche Bundeskartellamt gegen Google vor. Die Wettbewerbshüter in Frankreich hatten „Google News Showcase“ als Mittel zur Aushöhlung der Presseleistungsschutzrechte bezeichnet und gegen Google eine Wettbewerbsstrafe in Höhe von 500 Millionen Euro verhängt. Unter dem Druck der Wettbewerbshörde konnten sich dann die französischen Tageszeitungen und Magazine mit Google auf Lizenzzahlungen im hohen zweistelligen Millionenbereich einigen. Im größeren deutschen Markt bietet Google hingegen nur Zahlungen zwischen 10 und 15 Millionen Euro für die entsprechenden Presseleistungsschutzrechte.
Nach der Entscheidung des Bundeskartellamts muss nun die Schiedsstelle des Deutschen Patent- und Markenamtes (DPMA) über die Höhe einer angemessenen Vergütung durch Google befinden. Im Verfahren gegen Microsoft hatte die Schiedsstelle kürzlich eine interimistische Vergütung in Höhe von 1,2 Millionen Euro für den Zeitraum seit 7. Juni 2021 bis Ende 2022 und weiterhin jährlich 800.000 Euro für die Corint Media-Verleger vorgeschlagen. Microsoft hat diesen Vorschlag angenommen. Die von Microsoft betriebene Suchmaschine Bing hält rund vier bis fünf Prozent Marktanteil in Deutschland. Google mit einem Marktanteil von mehr als 90 Prozent hatte im Frühjahr 2022 eine Vergütung von lediglich 3,2 Mio. Euro pro Jahr angeboten (siehe Pressemitteilung Corint Media vom 3. März 2022).
Nach dem europaweit vereinheitlichten Urheberrecht sollen Unternehmen wie Facebook und Google die Presseverleger dafür vergüten, dass sie mit deren Inhalten ihre eigenen Angebote aufwerten. Nach jahrelanger Weigerung, überhaupt für die Nutzung fremder Inhalte zu zahlen, bietet der Suchmaschinenanbieter inzwischen ausgewählten Presseverlegern über „Google News Showcase“ scheinbar lukrative Vergütungen an, während ein Großteil der Presse – vor allem kleine und regionale Medienhäuser – mit minimalen Zahlungen abgespeist oder gar nicht bezahlt werden. Der Versuch Googles, dadurch die Branche zu spalten stellt aus Sicht von Corint Media ein wettbewerbswidriges Verhalten eines Marktbeherrschers dar. Die Konditionen und die sehr geringen Vergütungen durch Google können nach Ansicht von Corint Media nur erzielt werden, da Google mit seiner Marktmacht ein unverzichtbarer Vertriebsweg für Online-Medien ist. In der Vergangenheit hatte Google mehrfach angedroht, Verlage, die ihre Rechte wahrnehmen wollen, schlechter in der Google-Suche anzuzeigen, und diese Drohung auch umgesetzt.
Kartellamtschef Andres Mundt hatte während der kartellrechtlichen Untersuchung erklärt: „Die Bedingungen für eine Teilnahme an Google News Showcase sollen die Geltendmachung des allgemeinen Leistungsschutzrechtes der Presseverleger nicht behindern“ und „Parallel zu dem Verfahren zum Google News Showcase behalten wir die Verhandlungen zur Vergütung des Leistungsschutzrechts genau im Blick.“
Zuletzt war auch von Seiten der Urheber Kritik am Verhalten Googles laut geworden. In einer Pressemitteilung forderte DJV-Bundesvorsitzender Frank Überall, der Suchmaschinenriese Google dürfe es nicht bei Lippenbekenntnissen zur Bedeutung des Journalismus belassen, sondern müsse endlich auch dafür bezahlen. In der jetzigen Situation von Einzelverträgen zwischen Google und den Verlagen läuft die gesetzlich festgelegte Beteiligung der Urheber ins Leere, da der überwiegende Teil der Zahlungen nicht für Presseleistungsschutzrechte deklariert werden, sondern andere Leistungen vergüten, die nicht beteiligungspflichtig sind.